ZADAR – MOSTAR – SARAJEVO
Von Donnerstag den 11.06. bis Sonntag den 14.06.2015 begaben wir uns auf Spurensuche des nunhmer seit 20 Jahren mit dem Friedensabkommen von Dayton beendeten „großen“ Jugoslawienkrieges. Obwohl dieser Krieg vor der österreichischen Haustür stattfand, verblasst die Erinnerung daran allmählich.
Ziel unserer Reise war es daher, uns Eindrücke von der Geschichte und der gegenwärtigen Situation zu machen. Was uns in diesem Zusammenhang auffiel ist die Tabuisierung des Krieges sowohl in Kroatien als auch in Bosnien. Es muss anscheinend noch einiges an Zeit vergehen damit die Wunden des Krieges verheilen können und mit der Aufarbeitung innerhalb der Bevölkerung begonnen werden kann.
Donnerstag – Zadar
Am Donnerstag dem 11. Juni hieß es für uns alle früh aufzustehen. Wir, eine Gruppe von 16 Personen, machten uns um 8 Uhr morgens vom Hauptbahnhof Graz aus auf den Weg nach Zadar. Die meisten Reisenden kannten sich nicht, was sich jedoch rasch änderte. Schon auf der Busfahrt war die Stimmung gut und man begann sich besser kennen zu lernen. Die allgemein spürbare Enttäuschung über den Verlust des Landehauptmannes war bald vergessen und machte angenehmer Urlaubsstimmung Platz. In Zadar angekommen, bezogen wir unser Quartier und erhielten eine Stadtführung. Die über 2000 Jahre alte Geschichte der Adriastadt, die von Beginn des 19. Jahrhunderts bis 1918 zu Österreich bzw. Österreich-Ungarn gehörte wurde uns dabei näher gebracht. Neben den zahlreichen Kirchen, war vor allem die am Strand neu errichtete Meeresorgel beeindruckend anzusehen. Diese wurde nach der Zerstörung der alten Orgel durch die serbische Luftwaffe gebaut und gab die auftreffende Brandung in Form von Orgelklängen wieder. Dadurch entstand eine abhängig von Wellengang und Wellenstärke mehr oder weniger musikalische Dauerbeschallung. Nach der Führung genossen wir ein hervorragendes Essen und erlebten den Wohl kompliziertesten Zahlvorgang der Geschichte. Euro und Kunar zu kombinieren und jedem seinen Anteil an der Einheitsrechnung zukommen zu lassen artete im Spannungsfeld zwischen südlicher Gemütlichkeit und mitteleuropäischer Finanzpedanterie zur Herkulesaufgabe aus. Letztendlich retteten uns die Sprachkenntnisse und teilweise auch die Rechenkünste eines Gruppenmitglieds. Danach folgte ein nächtlicher Küstenausflug, beschlossen von Gasthausbesuchen.

Freitag – Mostar/Sarajevo
Am nächsten Morgen setzten wir uns Richtung Mostar, der größten Stadt der Herzegowina, in Bewegung. Dort angekommen sahen wir erstmals in aller Deutlichkeit die Zerstörungen des Balkankrieges. Die Stadt Mostar, in der im sozialistischen Jugoslawien die Völker und Religionen friedlich zusammenlebten, wurde durch den Krieg geteilt. Kroatische Truppen kämpften zunächst gegen serbische und danach gegen bosniakische. Die Frontlinie verlief entlang des Flusses Neretva, welcher auch heute noch die Grenze zwischen dem katholisch-kroatischen und dem islamisch-bosniakischen Stadtteil bildet. Ein überdimensionales Kreuz und zahlreiche Kirchen auf der einen, sowie eine Vielzahl von Moscheen auf der anderen Seite untermauern die Trennung der Stadt entlang ethnischer und konfessioneller Linien. Höhepunkt der Führung durch Mostar war die im Balkankrieg zerstörte und später wiedererrichtete mittelalterliche Brücke, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Auf der Brücke wurden wir Zeugen der jahrhundertealten Tradition des Brückenspringens. Aus etwa 25 Metern Höhe stürzten sich junge Männer (gegen Geld) in die Neretva. Mit gutem Essen im islamisch geprägten Teil der Stadt beschlossen wir unseren Aufenthalt in Mostar und machten uns auf den Weg nach Sarajevo, wo wir unser Quartier bezogen. Dieses ließ uns einander durch seine „Größe“ in sprichwörtlicher Hinsicht noch näherkommen. Am Abend wurde gut gegessen, von manchen ausgiebige getrunken und die Atmosphäre genossen.

Samstag – Sarajevo
Der nächste Tag begann mit einer Stadtführung. In Sarajevo waren die Spuren des Krieges noch deutlicher zu sehen als in den anderen Orten, die wir besuchten. Die bosnische Hauptstadt wurde 1.425 Tage von serbischen Truppen belagert. Sarajevo wurde dabei zum größten Teil zerstört. Eine Eroberung konnte jedoch verhindert werden. An zahlreichen Gebäuden sind noch immer Einschusslöcher zu sehen. Des Weiteren fiel die Vielzahl von sehr großen Friedhöfen ins Auge. Vielerorts waren außerdem rote Farbflecken in Form von Blutlachen zu sehen, welche an die Opfer unter der Zivilbevölkerung erinnerten. Der Belagerung fielen Schätzungen zufolge 11.000 Menschen zum Opfer. Neben den Gotteshäusern der orthodoxen, katholischen und islamischen Konfessionen, besuchten wir auch den Ort an dem der österreich-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand von einem serbischen Nationalisten erschossen wurde. Sarajevo war, wie auch Mostar von 1878 bis 1918 Teil der Donaumonarchie. Wie schon in Zadar und Mostar waren auch in Sarajevo zahlreiche Gebäude aus der Zeit der k.u.k. Herrschaft zu sehen. Vor allem das in der k.u.k. Zeit erbaute Rathaus von Sarajevo war beeindruckend. Nach der Führung nutzten wir den Nachmittag um die Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Einige von uns machten sich auf den langen Weg zu einer beeindruckenden Aussichtsplattform von der aus man die gesamte Stadt sehen konnte. Weitere Ausflugsziele waren der größte islamischen Friedhof der Stadt und die berührende Ausstellung zum Srebrenica Massaker dem über 8.000 Menschen zum Opfer fielen.

Sonntag – Heimfahrt
Am Morgen des 14. Juni traten wir schließlich die Heimfahrt an, die wie alle anderen Fahrten aufgrund unseres kompetenten Busfahrers ohne Probleme verlief. Bis zur Ankunft in Graz dauerte es zwar lange, jedoch bekamen wir sehr viel von der schönen Landschaft Bosniens und Kroatiens zu sehen. Um ca. 20 Uhr waren wir schließlich wieder am Grazer Hauptbahnhof. Jeder von uns hatte viel gelernt und ist mit einem Plus an historischer und kultureller Erfahrung zurückgekehrt. Außerdem wurden zahlreiche Freundschaften geschlossen. Nach vier schönen Tagen verabschiedeten wir uns herzlich und in der Gewissheit, dass die nächste Reise bestimmt kommt, voneinander.
Martin Amschl